Charon’s Ferry von Veit Korn ist eine zeitgenössische Marmorskulptur, die sich durch formale Reduktion und konzeptionelle Tiefe in die Tradition des Minimalismus einordnen lässt. Der Titel verweist auf die mythologische Figur Charon, den Fährmann der Unterwelt, der die Seelen der Verstorbenen über den Fluss Styx geleitet – eine archetypische Metapher für Übergang, Wandlung und das Unsagbare zwischen Leben und Tod.
Die Skulptur ist aus hellem griechischem Marmor gearbeitet und ruht auf einem Sockel aus Eichen- und Nussbaumholz – beides Treibholzfunde, die dem Werk eine zusätzliche Ebene von Vergänglichkeit und Authentizität verleihen. Die Bootsform ist extrem reduziert: klare Linien, ruhige Symmetrie, keine überflüssigen Details. Diese gestalterische Zurückhaltung ist typisch für minimalistisches Kunstschaffen, in dem das Wesentliche in den Vordergrund tritt und meditativen Tiefgang eröffnet.
Korn verzichtet bewusst auf narrative oder figürliche Ausschmückung und lässt stattdessen Material, Form und Raum für sich sprechen. Die bearbeiteten Oberflächen – gespitzte, gestockte, fein geschliffene und geölte Partien – erzeugen subtile Kontraste in Haptik und Lichtwirkung. Das Objekt wirkt beinahe schwebend, losgelöst von seiner ursprünglichen Funktion, und lädt zur stillen Auseinandersetzung mit Leere, Übergang, Materialität und Spiritualität ein.
Im Geiste des Minimalismus entzieht sich Charon’s Ferry einer schnellen Deutung und öffnet stattdessen Raum für individuelle Reflexion. Es steht als stilles Objekt zwischen Skulptur, Objektkunst und Konzept – ein Symbol für das Unsichtbare im Sichtbaren und ein poetisches Zeugnis künstlerischer Reduktion.