Erotic in Blue verdichtet Miklós Németh ein erotisches Motiv zu einem pulsierenden Linienfeld, in dem verschachtelte, nackte Frauenkörper als rhythmisch gesetzte Konturen erscheinen, die die Fläche in segmentierte Felder aufteilen. Das dominante Kobalt- und Ultramarinblau wird von Rot-, Gelb- und Grüntönen akzentuiert, sodass ein bewegtes Geflecht aus Farbspuren entsteht, das ohne Tiefenmodellierung auskommt. Die Körper sind weniger modelliert als umrissen, wodurch die Fläche gleichmäßig aufgeladen wirkt und ohne festen Mittelpunkt auskommt; Linien und Farbfelder tragen das Bild vom Rand zum Rand und halten den Blick in Bewegung.
Die Körper wirken elastisch, nach vorn gebogen und gegeneinander kippend; die daraus entstehende Spannung erinnert an Chaim Soutine, dessen Figuren unter innerem Druck zu schwingen scheinen. Einen festen Fluchtpunkt gibt es nicht, stattdessen bindet ein labyrinthartiges, vermaschtes Konturennetz die Szene und rückt sie in die Nähe von Jean Dubuffets L’Hourloupe, wo Figur und Grund fortwährend ineinander umschalten.
Darauf aufbauend arbeitet Németh mit einem Art-Brut-Vokabular: maskenhafte, primitiv vereinfachte Gesichter, impulsiv-serielle Pinselzüge und ein Labyrinth aus Umrisslinien, das die Erotik nicht anatomisch ausbuchstabiert, sondern als kollektiven, körperlichen Rhythmus erfahrbar macht. Die bewusste Reduktion auf einfache, beinahe archaische Formen lässt die Figuren zu Zeichen werden.
Erotic in Blue bewegt sich zwischen Neo-Expressionismus und Art Brut, zwischen archaischer Zeichenhaftigkeit und moderner Form, und ersetzt den eindeutigen Fokus durch ein Netz aus Konturen, das den Betrachter zur Suchbewegung zwingt.