Folded Pillar - Roland Berger Imhof Fine Arts

Roland Bergers Folded Pillar wirkt wie ein Fragment klassischer Architektur, das aus der Ordnung herausgefallen ist und in eine traumartige Dimension überführt wurde. Die vertraute Gestalt der Säule wird durch Faltungen und Wellenbewegungen destabilisiert, sodass sie zugleich stabil und instabil erscheint. Damit evoziert das Werk ein surrealistisches Szenario, in dem Materie ihre gewohnte Festigkeit verliert und in einen Zwischenzustand übergeht – zwischen Stein und Stoff, Starre und Bewegung.

Obwohl die Skulptur vollkommen unbeweglich bleibt, entfaltet sie eine starke Suggestion von Dynamik: Licht gleitet über die rhythmischen Wellen der Oberfläche, Schatten vertiefen die scheinbare Bewegung, und das Auge verfolgt eine oszillierende Linie, die sich in permanenter Veränderung zu befinden scheint. Genau in diesem paradoxen Effekt knüpft Berger an eine Tradition der statischen Kinetik an.

Ein kunsthistorisch bedeutsamer Vergleich ist Naum Gabos Kinetic Construction (Standing Wave) von 1920: Auch dort entsteht Bewegung aus einem scheinbar unbelebten Material, indem eine vibrierende Stahlstange den Eindruck einer stehenden Welle hervorruft. Während Gabo tatsächliche Bewegung durch Mechanik erzeugte, erreicht Berger denselben Effekt allein durch Form, Oberfläche und Wahrnehmung. In beiden Fällen wird die Skulptur zum Medium einer Bewegung, die real und irreal zugleich ist – eine Bewegung, die nur im Auge der Betrachtenden existiert.

Die matte weiße Oberfläche verstärkt den Eindruck von Materialverwandlung – als wäre Gips oder Stein plötzlich weich und nachgiebig geworden, wie Stoff oder Wachs. Dieser paradoxe Effekt verbindet klassische Architektursymbole mit einer biomorphen, fast organischen Deformation. So entsteht ein Werk, das sich einer festen Zuschreibung widersetzt: Es ist zugleich architektonisch und organisch, stabil und fließend, vertraut und fremd. Folded Pillar wird damit zu einer poetischen Irritation, die die Betrachter*innen einlädt, Bewegung in der Stille und Lebendigkeit in der Form zu entdecken.

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