In Physical and Chemical zerlegt Chef de Mulu das menschliche Antlitz in verschobene Fragmente: ganz oben der Ansatz einer Nase mit sichtbaren Nasenlöchern, darunter eine dunkelviolette Augenbraue, kräftige rote Frauenlippen und mehrfach angedeutete Augenlider mit wiederkehrenden Wimpernbögen. Die Versatzstücke überlagern und verschieben sich, als würden verschiedene Blickwinkel gleichzeitig sichtbar. Wie beim Kubismus werden Perspektiven nebeneinander gestellt, doch die Geste bleibt abstrakt expressionistisch – mit gestischer Pinselspur, Schichtungen und Übermalungen, offener Komposition, spontanen Farbsetzungen, Kratzspuren und transparenten Lasuren.
Das menschliche Gesicht verkörpert den physischen Anteil – als Kontur, Fragment und gestischer Abdruck –, während die Farbe das Chemische markiert: Reaktionen, die auf den Körper einwirken. Rot setzt Impulsspitzen, Leidenschaft und Alarm; Gelb–Orange steigert die Aufmerksamkeit und hält die Fläche in vibrierender Spannung; Grün kühlt, balanciert und lässt Regeneration wie Ambivalenz aufscheinen. Zwischen diesen Polen entsteht ein Takt aus Erhitzen und Abkühlung, Aufflammen und Klärung.
So wird das Porträt zum Prozess: Ein menschliches Gesicht und seine Emotionen fügen sich aus Perspektiven und Farbstößen zusammen; das Gesicht wird nicht naturalistisch beschrieben, sondern aus unterschiedlichen Bereichen heraus erlebt und empfunden – in Zuständen, die auf den äußeren Betrachter mehr als nur visuell einwirken.