Mit Woman with Four Men treibt Miklós Németh den Neo-Expressionismus auf die Spitze: roh, provokant, ungeschönt. Die Szene ist frontal und unverblümt – ein weiblicher Akt, umgeben von vier männlichen Figuren, deren Körper und Gesten in intensiven, teils grell kontrastierenden Farben ineinanderfließen. Die flächige, pastose Malweise verstärkt den Eindruck unmittelbarer, fast aggressiver Expressivität.
Németh verzichtet auf Idealisierung und dekorative Zurückhaltung – hier regieren körperliche Präsenz und emotionale Direktheit. Die bewusst rohe Linienführung, die sichtbare Spur des Pinsels und der Verzicht auf detailgetreue Anatomie verschieben den Fokus auf eine affektgeladene Präsenz. Das Bild will nicht beschwichtigen, sondern einen körperlichen, unmittelbaren Blick erzwingen.
Im fauvistischen Geist ordnet die Farbigkeit die Szene und steuert den Affekt: kühle Blau-, Türkis-, Rosa- und Gelbtöne der männlichen Figuren lenken den Blick auf die zentrale Frauenfigur. Die ausgeprägte Flächigkeit – klare Konturen statt Tiefenmodellierung – verstärkt diese Blickführung: Farbe bildet die Form und hält den Raum bewusst flach. So entsteht eine vibrierende Dramaturgie, in der Nähe, Begehren und Macht unmittelbar aufeinanderprallen.
Die Expressivität des Werks lässt sich mit Maria Lassnigs Mit einem Tiger schlafen (1975) vergleichen. Bei Németh wie bei Lassnig wird der Körper zum Austragungsort innerer Zustände – bei Németh spannungsgeladene Begierde, bei Lassnig eine ambivalente Koexistenz von Nähe und Bedrohung. Bei Lassnig bleibt der Pinselstrich kontrolliert, die Übergänge sind weich, die Valeurs fein moduliert; Németh bevorzugt pastose Setzungen, abrupte Kanten, sichtbare Korrekturen – der Arbeitsprozess bleibt als gestische Energie im Bild spürbar.
Lassnig zielt auf das „Körperbewusstsein“ – ein introspektives Selbstbild zwischen Zärtlichkeit und Gefahr. Hingegen verlegt Németh – im Modus einer männlich konnotierten Fantasie – den Schwerpunkt offensiv ins Öffentliche; Mehrfigur, Sexualsymbolik und performative Malspur verdichten sich zu einer Szenerie von Begehren und Hierarchie.
Zwischen figurativem Expressionismus, fauvistischer Farbdramaturgie und roher Figuration behauptet Woman with Four Men eine Gegenwart des Körpers, die weniger Abbild als Ereignis ist. So entsteht eine Bildsprache, die bewusst ungeschliffen, körperlich, direkt ist – ein Werk, das nicht beschwichtigen will, sondern den Blick herausfordert. Woman with Four Men steht für künstlerische Freiheit an der Grenze zwischen Erotik, Provokation und kompromissloser Malerei.